Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 15.03.2004

Einige Angeklagte sind Aktivisten der militanten „Kameradschaft Schönebeck“
Prozeßbeginn: 17. März, 9 Uhr
Amtsgericht Schönebeck, Friedrichstr. 96, Schönebeck

Vor dem Amtsgericht Schönebeck beginnt am Mittwoch, den 17.3.2004 um 9 Uhr der Prozess gegen sechs Rechtsextremisten. Die Staatsanwaltschaft wirft den Angeklagten u.a. Körperverletzung in zwei Fällen vor. Die Rechtsextremisten im Alter von 20 bis 29 Jahren gehören nach Ansicht der Strafverfolger zu einer Gruppe von rund 15 Neonazis, die am 9. Februar 2003 vier nicht-rechte und alternative Jugendliche in Schönebeck angriffen und schwer verletzten.

Die vier nicht-rechten und alternativen Jugendlichen waren am 8. Februar 2003 gegen 2 Uhr nachts auf dem Nachhauseweg von einem Diskothekenbesuch, als sie vor dem Polizeirevier Schönebeck von einer fünfzehn bis zwanzigköpfigen Gruppe von Rechtsextremisten ohne jegliche Vorwarnung oder vorherige Auseinandersetzung hinterrücks angegriffen wurden. Die polizeibekannten Täter schlugen die zwei jungen Männer und zwei jungen Frauen im Alter zwischen 18 und 21 Jahren zu Boden und traten auf ihre Köpfe ein. Als Polizeibeamte eingriffen, flüchteten die Angreifer vom Ort des Geschehens. Wenig später stellten die Beamten die Personalien von einer bislang unbekannten Anzahl mutmaßlicher Tatbeteiligter sicher. Die vier Opfer mussten mit zum Teil schweren Kopfverletzungen stationär behandelt werden.

Für die Betroffenen des Angriffs vom 8. Februar 2003 ist nicht nachvollziehbar, warum die Staatsanwaltschaft lediglich Anklage gegen sechs mutmaßliche Tatbeteiligte erhoben hat. „Es bleibt ein Gefühl der Verunsicherung, wenn die Opfer rechter Gewalt den Eindruck haben, ein Teil ihrer Angreifer bleibt von Strafverfolgungsmaßnahmen unbehelligt,“ sagt Heike Kleffner von der Mobilen Beratung für Opfer rechtsextremer Gewalt.

Bei einigen Angeklagten handelt es sich um Aktivisten der militanten Kameradschaft Schönebeck, die sich beispielsweise an einer rechtsextremen Mahnwache gegen den Irakkrieg im März 2003 in Schönebeck beteiligten. Der Angeklagte Mike G. wird aus der Strafhaft vorgeführt. Er hatte am 18. August 2003 gemeinsam mit weiteren Neonazis eine drei Jugendliche vor einem Wohnblock in Schönebeck bei einem Angriff erheblich verletzt, um „für Ordnung“ zu sorgen (vgl. Prozessbericht in der Magdeburger Volksstimme vom 3. Februar 2004).

Am Vormittag des Tattages hatte in Magdeburg eine Demonstration von linken Jugendlichen zum Gedenken an den im Februar 1997 von einem neonazistischen Skinhead erstochenen Frank Böttcher stattgefunden. Dagegen hatten rund einhundert Neonazis aus Magdeburg und Umgebung sowie aus Leipzig eine Gegendemonstration durchgeführt.