Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 01.09.2004

Zweiter Prozeßtermin am 7. September 2004 ab 10:00, Landgericht Halle, Saal 214

Zum Auftakt des Revisionsprozesses am 31. August 2004 wegen der Tötung des 60jährigen Rentners Helmut Sackers im April 2000 in Halberstadt hat der Angeklagte Andreas S. erneut seine „Notwehr“-Version dargelegt. Die Nebenklage hat zu Prozeßbeginn einen Beweisantrag zum Inhalt der 80 Neonazi-CDs und weiterem rechtsextrememn Propagandamaterial gestellt, das bei Andreas S. gefunden worden war.

In Anwesenheit der drei Schwester und drei Kinder von Helmut Sackers, die als Nebenkläger den Revisionsprozeß erreicht hatten, behauptete Andreas S. vor der Schwurgerichtskammer, er habe den 60jährigen Helmut Sackers nach einem Kampf im Notwehr erstochen.
Er habe am Tattag keine rechte Musik gehört und sei am Tatabend von dem kleineren und asthmakranken Helmut Sackers unvermittelt angegriffen worden. Dabei habe er sich mit einem Messer mit einer 17cm langen Klinge gewehrt, das er „zum eigenen Schutz“ immer bei sich getragen habe. Diesen Schutz habe er benötigt, nachdem er am Himmelfahrtstag 1991 in Magdeburg von einem Schwarzafrikaner mit einem Messer in einer Straßenbahn verletzt worden sei.
Andreas S. bestritt, rechtes Gedankengut zu vertreten und ein Rechter zu sein. Lediglich einmal habe er einen Beutel mit „Marschmusik aus dem Dritten Reich“ gehabt, den Helmut Sackers auch gesehen habe. Fragen der Nebenklage beantwortete Andreas S. nicht.

Die Nebenklage beantragte, die über 80 Neonazi-CDs, die bei Andreas S. gefunden worden waren, sowie aktuelle Neonazipropagandahefte von Blood&Honour und dem Hamburger Sturm in Augenschein zu nehmen sowie die Frage zu klären, warum Andreas S. 1991 als einer von zwei Männern aus Halberstadt in der Adress-Datei des Klartext-Versandes in der Rubrik Kontakt zur wenig später verbotenen Nationalistischen Front auftaucht.

Am zweiten Prozeßtag werden die Lebensgefährtin des Getöteten, der beste Freund des Angeklagten sowie die jetzige Ehefrau und damalige Verlobte des Angeklagten als Zeugen gehört. Auf der Aussage der heutigen Ehefrau beruhte der Freispruch des Landgerichts.