Mobile Opferberatung, 29.04.2020
Heute vor 20 Jahren rief Helmut Sackers die Polizei, als ein neonazistischer Nachbar lautstark das Horst-Wessel-Lied abspielte. Eine Stunde später verblutete er an vier Messerstichen, die ihm sein Nachbar zugefügt hatte. Der 60-jährige Helmut Sackers, der aus Liebe zu seiner Lebensgefährtin seinen Lebensmittelpunkt von Kleve nach Halberstadt verlegt hatte, war überzeugter Sozialdemokrat; er hat an Toleranz und Demokratie geglaubt. Für diese Werte hat Helmut Sackers sein Leben gelassen.
In Erinnerung an Helmut Sackers, den langen Kampf um Gerechtigkeit und ein würdiges Gedenken
Gastbeitrag von Heike Kleffner, 29.04.2020
Vor 20 Jahren starb Helmut Sackers in Halberstadt an vier tödlichen Messerstichen eines neonazistischen Überzeugungstäters, nachdem der 60-jährige Sozialdemokrat Helmut Sackers zuvor die Polizei gerufen hatte. Der Neonazi hatte in seiner Wohnung so lautstark das Horst Wessel Lied – die SA-Hymne – gespielt, dass es im ganzen Plattenbau zu hören war. Helmut Sackers hatte sich schon zuvor mehrfach wegen der Nazi-Musik seines Nachbarn aus der Generation der 1990er Baseballschlägerjahre beschwert. Helmut Sackers starb, weil er in den Augen des Täters ein politischer Gegner, ein „Kommunist“ war.
Es gibt viele Gründe, an Helmut Sackers zu erinnern und seiner zu gedenken, einige davon sollen hier genannt werden:
- weil Helmut Sackers Zivilcourage gegen Neonazis zeigte – und für seine demokratischen Werte und Überzeugungen einstand und dafür mit dem Leben bezahlte;
- weil seine Angehörigen über Jahre einen vergeblichen Kampf um Gerechtigkeit geführt haben – und dennoch die Hoffnung hatten, dass niemand mehr nach ihnen mit dem schrecklichen Verlust ihre*r Liebsten durch rechten Terror, Rassismus, Antisemitismus und rechte Gewalt konfrontiert sein möge;
- weil die Straflosigkeit für den Täter beispielhaft für die strafrechtliche Aufarbeitung von vielen schwersten politisch rechts, rassistisch und antisemitisch motivierten Gewalttaten steht: Dass Betroffene rechter Gewalt vor Gericht keine Gerechtigkeit zu erwarten haben – daran hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren leider wenig geändert;
- weil das Gedenken an Helmut Sackers für mich auch persönlich ist: Zwanzig Jahre nachdem meine journalistischen Recherchen für die Frankfurter Rundschau Helmut Sackers zum ersten Mal als Todesopfer rechter Gewalt öffentlich bekannt gemacht haben, hoffe ich – trotz allem – , dass seine Zivilcourage und die Beharrlichkeit seiner Angehörigen auch weiterhin für viele Menschen eine Inspiration und Ermutigung sein werden.
Heike Kleffner ist Journalistin und Geschäftsführerin des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.)