Anlaufstelle Süd (Halle), 20.10.2008
Am Dienstag, den 21. Oktober 2008, beginnt um 9.00 Uhr im Landgericht Magdeburg, Halberstädter Straße 8, Saal A 12 der Berufungsprozess gegen den mehrfach wegen Körperverletzungsdelikten und Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen vorbestraften Neonazi Daniel R. Im Mai 2008 war der heute 23-Jährige in erster Instanz vom Amtsgericht Halberstadt wegen gefährlicher Körperverletzung, Sachbeschädigung und Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen, sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte zu zehn Monaten Haft ohne Bewährung verurteilt worden. Gegen dieses Urteil ging der Angeklagte in Berufung.
Am 1. Mai 2007 wurde eine Gruppe von fünf AntifaschistInnen auf dem Bahnhof in Halberstadt direkt nach Verlassen ihres aus Magdeburg kommenden Zuges gezielt von einer Gruppe Neonazis angegriffen. Die vier Rechten – der Haupttäter trug ein Shirt mit der Aufschrift „Nationalist“ zur Schau – beschimpften die Betroffenen u.a. als „Scheiß Zecken“, bespuckten sie, kippten Bier über sie aus und versuchten, sie körperlich zu attackieren. Eine 19-Jährige wurde dabei durch einen Tritt in die Rippen verletzt. Den Betroffenen gelang es, sich in den Zug zu flüchten. wobei die Angreifer sie mit Bierflaschen bewarfen. Einer der Rechten trat dann mit „Sieg Heil“- und „Heil Hitler“-Rufen immer wieder gegen die geschlossene Zugtür, die schließlich splitterte. Die Betroffenen erstatten noch vor Ort Anzeige.
In der Folge ermittelte die Polizei gegen vier Beschuldigte. Die Staatsanwaltschaft Halberstadt erhob allerdings nur gegen den zur Tatzeit 22-jährigen Daniel R. Anklage. Von einem gemeinschaftlichen Angriff mehrerer Rechter war keine Rede mehr. Die Ermittlungen gegen alle anderen wurden eingestellt, weil ihnen kein eigener Tatbeitrag zuzuordnen war und die Staatsanwaltschaft somit den Tatbestand der gemeinschaftlichen Körperverletzung als nicht gegeben ansah. Demgegenüber schilderten alle Betroffenen in der Verhandlung vor dem Amtsgericht Halberstadt erneut übereinstimmend ein bewusstes Zusammenwirken der Angreifer. Das Amtsgericht verurteilte R. deshalb auch wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung – seine nicht angeklagten Mittäter gingen straffrei aus.
„Wie gezielt und offensichtlich unbeeindruckt von polizeilichen Maßnahmen Neonazis immer wieder gegen ihnen missliebige Personen vorgehen, beweist auch dieser Fall eindrücklich“, so ein Sprecher der Mobilen Opferberatung. Nur wenige Stunden vor diesem Angriff, am 1. Mai 2007 gegen 18.00 Uhr, war ein Deutscher äthiopischer Herkunft am Bahnhof in Magdeburg aus einer Gruppe Rechter heraus rassistisch beschimpft und getreten worden. Die Polizei hatte in der Folge sechs Tatverdächtige festgenommen, darunter auch die Rechten, die nur viereinhalb Stunden später vermeintliche politische GegnerInnen am Bahnhof in Halberstadt angriffen.
Ermittelt wurde im Zusammenhang mit beiden Angriffenauch gegen den im so genannten „Theaterprozess“ Angeklagten Christian W. . W. wurde in dem Prozess wegen des Angriffs auf 14 Mitglieder des Nordharzer Städtebundtheaters als einziger Angeklagter zu zwei Jahren Haft verurteilt.
Für den 21. Oktober 2008 sind sechs Zeugen geladen. Bisher wurde nur ein Verhandlungstag vom Landgericht Magdeburg angesetzt
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