Anlaufstelle Süd (Halle), 26.02.2008
Am Donnerstag, den 28. Februar 2008 beginnt am Landgericht Magdeburg um 9:00 Uhr der Berufungsprozess gegen einen 29jährigen Rechtsextremen aus Bernburg. Das Amtsgericht Bernburg hatte ihn am 6. September 2007 wegen Beleidigung aus einer fremdenfeindlichen Motivation heraus für schuldig befunden und zu einer Geldstrafe verurteilt. Sowohl die Verteidigung wie auch Staatsanwaltschaft sind dagegen in Berufung gegangen.
Am Abend des 29. Juli 2006 wurde ein damals 34jähriger Flüchtling aus Burkina Faso auf offener Straße von dem Angeklagten und drei weiteren Personen aus dem Auto heraus durch Rufe und Gesten lächerlich gemacht. Der Afrikaner versuchte dies erst zu ignorieren. Doch als der Angeklagte ausstieg, ihm über eine weite Strecke hinterher lief und dabei mehrfach den sog. „Stinkefinger“ zeigte sowie mehrfach lautstark „Hau ab!“ und „Ho, ho, ho.“ rief, fühlte sich der Betroffene aufs Äußerste bedroht und flüchtete unter Todesangst. Das rechtsextreme äußere Erscheinungsbildes des Verfolgers und die Beleidigungen ließen in ihm keine Zweifel aufkommen, dass er wegen seiner Hautfarbe angegriffen wurde. Er rannte voller Panik zum Polizeirevier, erst kurz davor ließ sein Verfolger von ihm ab.
Polizeibeamte stellten kurze Zeit später die Identität des Angreifers fest und nahmen auch die Personalien eines Zeugen auf. Schon damals war der Polizei bekannt, dass der Angeklagte Mitglied der rechten Szene ist, zudem einschlägig vorbestraft. Sie lehnten es jedoch trotz eindringlichem Verlangen des Betroffenen ab, eine Anzeige aufzunehmen. Nur weil sich der Mann aus Burkina Faso damit nicht zufrieden gab und seine Rechtsanwältin einschaltete, wurden Ermittlungen aufgenommen. Erst zwei Monate später wurde der Betroffene zu der Tat vernommen. Mit dem Verhalten der Polizei in diesem Fall wird sich der 10. Parlamentarische Untersuchungsausschuss des Landtags beschäftigen. Zu Recht meint eine Sprecherin der Mobile Opferberatung, denn: „Die Versäumnisse der Polizei bestätigen unsere Erfahrungen, dass rassistische Beleidigungen und Bedrohungen auch deshalb nicht von den Betroffenen zur Anzeige gebracht werden, weil das Vertrauen in die Ermittlungsbehörden fehlt“.
Am 6. September 2007 fand die erstinstanzliche Hauptverhandlung vor dem Amtsgericht Bernburg statt. Der Angeklagte hatte die Tat unter fadenscheinigen Behauptungen abgestritten. Das Gericht wertete die Einlassung des 29Jährigen, den es als „hartnäckigen Überzeugungstäter“ bezeichnete, jedoch als reine Schutzbehauptung und verurteilte ihn wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe von 180 Tagessätzen zu je 20,00 €. Eine Verurteilung wegen Nötigung, wie von der Staatsanwaltschaft beantragt, erfolgte jedoch nicht, da der Beweis für den Vorsatz der Tat nicht erbracht werden konnte. In der Urteilsbegründung machte das Gericht deutlich, dass derartige Angriffe auf MigrantInnen nicht geduldet werden dürfen und dementsprechend sanktioniert werden müssen. „Der Betroffene wünscht sich auch von dem Berufungsgericht eine umfassende Aufklärung der Tat und deren Hintergründe“, so eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung.