Anlaufstelle Süd (Halle), 12.03.2014

Rechte Gewalt steigt um mehr als zehn Prozent – Erneute Zunahme rassistisch motivierter Gewalt

116 politisch rechts motivierte Gewalttaten mit 151 direkt Betroffenen hat die Mobile Opferberatung in Kooperation mit der Beratungsstelle für Opfer rechter Gewalttaten Region Anhalt/Bitterfeld/Wittenberg für das Jahr 2013 in Sachsen-Anhalt dokumentiert. Damit ereignet sich statistisch gesehen mindestens alle drei Tage eine politisch rechts motivierte Gewalttat in Sachsen-Anhalt. Die Mobile Opferberatung hat im Vergleich zum Vorjahr für 2013 einen Anstieg von über 10 Prozent registriert.

Daneben ist wie in den vorangegangenen Jahren von einer hohen Dunkelziffer bislang noch nicht bekannter rechter Gewalttaten auszugehen. So hatte das Projekt bis Ende Februar 2013 104 politisch rechts motivierte Angriffe für das Jahr 2012 registriert. Mittlerweile ist diese Zahl durch Nachmeldungen auf 118 Gewalttaten angestiegen. Darauf verweist auch der Anteil an nicht zur Anzeige gebrachten politisch rechts motivierten und von der Mobilen Opferberatung dokumentierten Angriffe, der in 2013 wie in den Vorjahren bei knapp 20 Prozent lag.

Zwei Drittel der Fälle sind rassistisch motiviert

Der Anteil rassistischer Angriffe lag in 2013 bei rund zwei Dritteln (73) und hat sich nach dem massiven Anstieg in 2012 somit erneut erhöht (2012: 57 Prozent; 68). „Die Tatsache, dass fast zwei Drittel der von uns registrierten Gewalttaten rassistisch motiviert waren, ist absolut alarmierend“, sagt eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Eine Ursache hierfür sieht die Mobile Opferberatung in der Häufung rassistischer Diskurse und bundesweiter Mobilisierungen gegen Flüchtlinge und Migrant_innen. Rassistische Gewalttäter fühlen sich durch derartige Diskurse legitimiert. Umso wichtiger sind deutliche Zeichen der Solidarität mit Rassismusbetroffenen, wie zuletzt bei einer Demonstration gegen Rassismus in Merseburg nach einer Häufung von Angriffen auf Flüchtlinge und Migrant_innen.

„Um rassistische Gewalt zu bekämpfen ist es aber auch zwingend notwendig, dass Polizei und Justiz Rassismus als Tatmotiv erkennen und entsprechend berücksichtigen“, so eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Die Sprecherin verweist auf die fatale Signalwirkung, wenn offenkundige rassistische Hintergründe und Tatmotivationen ausgeblendet werden, wie beispielsweise bei dem lebensgefährlichen Angriff einer Gruppe Neonazis auf einen türkischen Imbissbetreiber und seine Partnerin Ende September 2013 in Bernburg durch die Anklage der Staatsanwaltschaft Magdeburg.

Neben Rassismusbetroffenen gehörten nichtrechte Jugendliche und junge Erwachsene (2013: 16 %; 2012: 28 %) und politisch Aktive (2013: 16 %; 2012: 11 %) auch in 2013 zu den Hauptbetroffenen rechter Gewalt. Antisemitismus war bei drei Angriffen zentrales Tatmotiv. In zwei Fällen richtete sich die Gewalt gegen Menschen aufgrund ihrer sozialen Benachteiligung, in einem Fall gegen einen Menschen mit einer körperlichen Einschränkung.

Straftatbestände und Schwerpunktregionen

Bei 86 Prozent der dokumentierten Fälle handelt es sich um Körperverletzungsdelikte (100). Darunter ist ein versuchtes Tötungsdelikt. Daneben wurden eine Brandstiftung, dreizehn Nötigungen bzw. Bedrohungen sowie zwei Sachbeschädigungen aufgrund der jeweils gravierenden Folgen für die Betroffenen in die Statistik aufgenommen.

Die meisten politisch rechts motivierten Angriffe in 2013 wurden für die Landeshauptstadt Magdeburg dokumentiert (25; 2012: 11). An zweiter und dritter Stelle liegen die Stadt Halle (Saale) (16, 2012: 15) und das Jerichower Land (11, 2012: 8). Dahinter folgen der Burgenlandkreis sowie der Landkreis Wittenberg mit jeweils neun (2012: 13 bzw. 6) sowie der Saalekreis und der Landkreis Stendal mit jeweils acht Angriffen (2012: 12 bzw. 5)

Eine fortlaufende Chronologie politisch rechts und rassistisch motivierter Angriffe und die Statistik aufgeschlüsselt nach Landkreisen/ kreisfreien Städten, Straftatbestand und Tatmotivation finden Sie auf www.mobile-opferberatung.de/monitoring/. Für weitere Informationen erreichen Sie uns unter Tel. 03 45 / 2 26 71 00 oder mobil unter 01 75 / 1 62 27 12.