Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 04.12.2007
Nach den rassistisch motivierten Gewalttaten am vergangenen Wochenende in Magdeburg fordert die Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt in Sachsen-Anhalt eine offensive Reaktion der Magdeburger Verkehrsbetriebe und von politisch Verantwortlichen. „Nur eine klare Solidarisierung mit den Opfern setzt den Tätern Grenzen“ so eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Dies sei angesichts der Tatsache, dass die Täter, die am Wochenende eine irakische Familie in einem Nachtbus angegriffen hatten, durch pöbelnde Fahrgäste verbal unterstützt wurden, besonders wichtig.
Zu dem Angriff war es gekommen, als eine 20-jährige Irakerin zusammen mit vier Angehörigen am 1. Dezember 2007 gegen 22 Uhr an der Haltestelle Große Diesdorfer Straße/ Arndtstraße in den Nachtbus einsteigen wollten. Drei deutsche Männer und 2 Frauen verweigerten der Frau mit ihrem Kinderwagen und ihren BegleiterInnen den Zutritt. Sie befahlen der im fünften Monat schwangeren Irakerin zu Fuß zu gehen und sagten ihr: „Für Ausländer haben wir keinen Platz.“. Als die Frau und ihr 31-jähriger Mann dennoch in den Bus einstiegen, wurde sie rassistisch beschimpft und schließlich von einem der Männer aus der Gruppe in den Rücken geschlagen. Der Angreifer öffnete mehrfach die Tür mit der Absicht, die Irakerin aus dem Bus zu stoßen. Dabei stieß die junge Frau mehrmals mit ihrem Bauch gegen den Kinderwagen. Ihre jüngere Schwester und ihre Mutter wurden bei dem Versuch, ihr zu helfen ebenfalls rassistisch beschimpft und geschlagen. Die TäterInnen flüchteten, konnten allerdings durch die vom Busfahrer informierte Polizei kurze Zeit später gestellt werden.
Von den übrigen Fahrgästen griff niemand ein. Im Gegenteil: Auch weitere Fahrgäste des vollbesetzten Busses beschimpften die Betroffenen mit rassistischen Bemerkungen.
„Bei dem Angriff im Nachtbus vom Wochenende handelt es sich keinesfalls um einen Einzelfall“, betonte eine Sprecherin der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt in Magdeburg. „Öffentliche Verkehrsmittel sind in Magdeburg schon seit mehreren Jahren ein Schwerpunkt rechter und rassistischer Angriffe.“. Seit 2005 registrierte die Mobile Opferberatung 26 rechte und rassistische Gewaltstraftaten in öffentlichen Verkehrsmitteln bzw. an Haltestellen in Magdeburg, davon 8 Angriffe im Jahr 2007.
„Die öffentlichen Verkehrsmittel in Magdeburg sind für viele Menschen, die nicht ins Weltbild der Rechten passen, zu einem Angstraum geworden“, so eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung. Besonders schlimm für die Betroffenen: viele Fahrgäste sehen bei Angriffen weg, schweigen oder unterstützen sogar die Täter. „Nur wenn sich andere Fahrgäste mit den Betroffenen solidarisieren, Hilfe holen oder sich den Tätern in den Weg stellen, wird sich an dieser unhaltbaren Situation etwas ändern.“. Die MVB muss ihrerseits offensiv auf rechte und rassistische Angriffe reagieren und eine Kampagne zur Unterstützung der potentiellen Opfergruppen starten.