> BERATUNG
> CHRONIK
Die Mobile Opferberatung in Trägerschaft von Miteinander e.V. unterstützt seit 2001 professionell und parteilich Betroffene rechter, rassistischer, antiromaistischer, lgbtiq*-feindlicher, sozialdarwinistischer und antisemitischer Gewalt, deren Freund*innen, Angehörige sowie Zeug*innen in Sachsen-Anhalt.
Beraten
Sie wurden angegriffen oder bedroht und gehen von einem politisch rechten Motiv aus? Sie sind Zeug*in einer solchen Tat geworden oder stehen dem*der Betroffenen nahe?
Wir beraten Sie zu allen Fragen im Zusammenhang mit dem Angriff. Kontaktieren Sie uns gern, auch wenn Sie selbst nicht direkt betroffen sind, aber z.B. über einen Angriff informieren wollen oder Kontakt zu Betroffenen herstellen können! Bei Bedarf können wir auf Dolmetscher*innen zurückgreifen.
Unterstützen
Wir unterstützen Sie dabei, die Folgen eines Angriffs zu bewältigen, Ihre Rechte in Anspruch zu nehmen und Ihre Möglichkeiten zu erweitern.
So begleiten wir zur Polizei, zu Behörden und zum Gericht, unterstützen bei der Suche nach Anwält*innen und Therapeut*innen oder vermitteln professionelle Beratung bei aufenthaltsrechtlichen oder anderen existenziellen Fragen. Zudem unterstützen wir auch bei Anträgen, z.B. auf Opferentschädigung, Härteleistung des Bundesamts für Justiz oder Prozesskostenhilfe.
Intervenieren
Wir intervenieren, wenn sich Betroffene rechter Gewalt alleine gelassen fühlen.
Dazu unterstützen wir Selbstorganisationen (potenziell) Betroffener sowie Initiativen, die sich für Betroffene rechter Gewalt und für eine solidarische Gesellschaft einsetzen, zum Beispiel durch Beratungen, Workshops oder Kooperationsveranstaltungen. Mit unserem unabhängigen Monitoring dokumentieren wir seit 2003 das Ausmaß politisch rechts motivierter Gewalt in Sachsen-Anhalt oder machen durch fallunabhängige Öffentlichkeitsarbeit auf zentrale Kritik und Forderungen von Betroffenen aufmerksam.
AKTUELLES
Jahresbilanz der Mobilen Opferberatung 2023
Mobile Opferberatung, 11.04.2024
233 politisch rechts motivierte Angriffe mit 332 direkt Betroffenen hat die Mobile Opferberatung für das Jahr 2023 in Sachsen-Anhalt registriert. Neben 140 Körperverletzungen1 (2022: 142), fünf massiven Sachbeschädigungen (2022: 3), zwei Raubstraftaten (2022: 1) sowie zwei Brandstiftungen (2022: 4) wurden für das vergangene Jahr auch 84 Bedrohungen bzw. Nötigungen als Angriffe dokumentiert (2022: 17).
Bundesweit veränderte Erfassung rechter, rassistischer und antisemitischer Nötigungen und Bedrohungen
Mobile Opferberatung, 10.04.2024
Die Mobile Opferberatung hat die – bislang sehr eingeschränkte – Erfassung von Bedrohungen und Nötigungen für das Jahr 2023 aktuellen Diskursen und Entwicklungen angepasst. Damit folgt sie den bereits 2022 veränderten, bundesweit einheitlichen Kriterien des Verbands der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.). Auf die hatten sich die Mitgliedsorganisationen nach intensiven Diskussionen geeinigt.
Vor Gericht: Entpolitisierung und Verharmlosung massiver rechter Gewalt gegen Klimaaktivist*innen in Seehausen
Mobile Opferberatung, 29.01.2024
Rund um Proteste von Klimaschützer*innen gegen den Ausbau der A14 in und bei Seehausen (Altmark) im Landkreis Stendal kam es über einen Zeitraum von über 13 Monaten immer wieder zu rechten Attacken auf Aktivist*innen. Teil dessen war eine Serie von Anschlägen auf den Treffpunkt der Autobahngegner*innen im schließlich ausgebrannten Bahnhofsgebäude von Seehausen. Mit den massivsten Angriffen waren bis vor Kurzem örtliche Gerichte befasst.
28.10.2023 Halle (Saale)
Am frühen Samstagmorgen, gegen 3 Uhr laufen ein 24-Jähriger und eine 24-Jährige am Hallmarkt an einem scheinbar laut streitenden Paar vorbei, als sie unvermittelt von dem Mann u.a. als „Scheiß linke Zecken” und „Schwuchteln” beleidigt werden. Als der 24-Jährige dem Unbekannten daraufhin den „Stinkefinger” zeigt, werden die Betroffenen von dem Mann und kurz darauf noch von vier bis sechs weiteren Unbekannten verfolgt, die in der Nähe gestanden hatten. Als die beiden von dem Mann eingeholt werden, versucht der Mann den 24-Jährigen zu schlagen. Weil dieser aber ausweichen kann, wird seine Begleiterin mit der Faust im Gesicht getroffen. Nun kommen auch die anderen Männer dazu und schlagen und treten so auf den 24-Jährigen ein, dass er zu Boden fällt. Die Betroffenen versuchen, in einen nahegelegenen Hauseingang zu flüchten, werden aber erneut gestellt. Der 24-Jährige wird im Eingangsbereich wieder zu Boden getreten und die 24-Jährige am Hals gewürgt. Einer der Angreifer bedroht die beiden noch mit einem Teleskopschlagstock. Erst als einer der Angreifer ruft, dass die Polizei kommt, flüchtet die Gruppe. Der 24-Jährige hat diverse Hämatome und Schwellungen im Gesichtsbereich und am Körper, seine Begleiterin ist an der Lippe und am Hals verletzt. Der polizeiliche Staatschutz ermittelt wegen gefährlicher Körperverletzung und Beleidigung.
Anlaufstelle Süd, eigener Bericht
14.10.2023 Magdeburg
Kurz vor 2 Uhr nachts wird ein 35-Jähriger vor einem Studentenclub in der Altstadt von einer Gruppe Unbekannter angesprochen. Nachdem er äußert, ukrainischer Herkunft zu sein, wird er von mehreren Personen aus der Gruppe angegriffen. Zwei 22- und 25-Jährige, die ihm zur Hilfe kommen, werden ebenfalls körperlich attackiert. Die hinzugerufene Polizei kann im Nahbereich einen 20-jährigen Tatverdächtigen identifizieren. Sie ermittelt zu weiteren Verdächtigen.
Polizeirevier Magdeburg, 16.10.23
12.10.2023 Eisleben (Mansfeld-Südharz)
Am Donnerstagabend geht ein 51-Jähriger mit seinem Hund im Park spazieren. Plötzlich wird er von einem Unbekannten angegriffen, ins Gesicht geschlagen und rassistisch beleidigt. Dann verschwindet der Täter in unbekannte Richtung. Der Betroffene erleidet Verletzungen, die vor Ort vom Rettungsdienst behandelt werden müssen.
Polizeirevier Mansfeld-Südharz, 13.10.23
08.10.2023 Halle (Saale)
Am frühen Sonntagmorgen gegen 1.15 Uhr wird ein 26-jähriger Schwarzer Mann auf dem Marktplatz aus einer vorbeilaufenden vierköpfigen Gruppe heraus rassistisch beleidigt. Als er darauf verbal reagiert, wird der Betroffene schließlich auch körperlich attackiert. Sowohl der 26-Jährige als auch zwei Personen aus der Gruppe der Angreifer erleiden leichte Verletzungen. Die Polizei ermittelt wegen Beleidigung und wechselseitiger Körperverletzung sowie wegen Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisation, weil ein Mann aus der Gruppe zudem den Hitlergruß gezeigt haben soll.
Polizeiinspektion Halle (Saale), 08.10.23
01.10.2023 Dessau-Roßlau
Gegen 0:45 Uhr werden Angehörige des St.-Pauli-Fanclubs „Saalepiraten – Halle – Leipzig – Dessau“ auf ihrer Rückreise von einem Auswärtssieg gegen Hertha BSC Berlin aus einer augenscheinlich anderen Fangruppe heraus gezielt attackiert. Ihr Reisebus hatte an einer Tankstelle in der Oranienbaumer Chaussee einen Stopp eingelegt, als plötzlich ein weiterer Bus und mehrere Autos vorfahren und teils mit rot-weißen Sturmhauben vermummte Personen herausspringen. Unter Rufen wie „Scheiß Zecken“ und „Dreckszecken rennen sie sofort auf die Ausgestiegenen zu und schlagen und treten auf mehrere Betroffene ein. Die Angegriffenen verteidigen sich, so gut es geht. Einigen der St.-Pauli-Fans gelingt es, in den Bus zu flüchten. Schließlich versuchen mehrere Angreifer noch, diesen zu stürmen, was ihnen glücklicherweise nicht gelingt. Nach dem Ruf „Die Bullen kommen, gleich weg hier“ flüchtet die Angreifergruppe. Mindestens drei St.-Pauli-Fans erleiden Verletzungen an Gesicht, Rücken, Rippen, Armen und Beinen. Am Bus entsteht Sachschaden. Die Polizei kann den Reisebus der mutmaßlichen Angreifer kurz darauf an einer Autobahnraststätte auffinden und die Personalien von 53 Personen aufnehmen. Sie ermittelt wegen schweren Landfriedensbruchs.
Eine Woche nach dem Angriff nähren mehrere Kommentare unter ein Youtube-Video zu dem Angriff die Vermutung, dass die Tätergruppe aus dem Umfeld des Halleschen FC stammt. Der Drittligist, dessen Vereinsfarben rot und weiß sind, hatte am selben Tag ein Auswärtsspiel beim VfB Lübeck absolviert.
Anlaufstelle Süd, eigener Bericht Hamburger Morgenpost, 08.10.23
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Newsletter Nr. 56 / Winterausgabe 2019
Die Artikel im Einzelnen
- Vor Gericht I: Straffreiheit für rechte Schläger in Magdeburg
- Vor Gericht II: Urteil nach massivem rassistischen Angriff in Naumburg
- Betroffene und Folgen des Attentats in Halle (Saale)
- Interview mit Gideon Botsch über die Bedeutung des Anschlags in Halle (Saale)
- Tödlicher Antisemitismus: Das Sprechen über die Opfer von Halle – Gastbeitrag von Esther Dischereit
- Kontinuitäten: Antisemitismus und Rechtsterrorismus – Gastbeitrag von Heike Kleffner
- Interview mit drei im Bündnis gegen Rechts Aktiven in Oschersleben
- Bildungsmaterial: „Den Opfern einen Namen geben“; Buch: Frauen*rechte Frauen*hass