Anlaufstelle Süd (Halle), 19.09.2007

Mehr als vierzehn Monate nach einem rassistischen Angriff in Halle auf einen damals 33jährigen Flüchtling aus Eritrea, beginnt am Donnerstag, den 20. September 2007 der Prozess gegen die mutmaßlichen Täter vor dem Schöffengericht am Amtsgericht Halle. Die Staatsanwaltschaft wirft den beiden zur Tatzeit 22Jährigen u.a. Beleidigung und gefährliche Körperverletzung vor. Zur Prozesseröffnung sind 12 Zeugen geladen.

Es war am Abend des 8. Juli letzten Jahres, als die zwei offensichtlich Rechten an einem Döner Imbiss vorbeikamen, in dem der Eritreer mit zwei Freunden saß, um sich das WM-Spiel Portugal gegen Deutschland anzusehen. Die zwei Männer beschimpften ihn mit Worten wie „Bananenfresser“ und „dreckiger Neger“. Diese rassistischen Beleidigungen setzten sie etwa ein halbe Stunde lang fort. Der Betroffene hoffte, wenn er sich passiv verhielte, würden die beiden jungen Männer von ihm ablassen und weitergehen. Dies geschah allerdings auch dann nicht, als einer der anwesenden deutschen Imbissbesucher die beiden Männer aufforderte, zu gehen. Als die Situation für den Betroffenen auf Grund der andauernden Beschimpfungen nicht mehr auszuhalten war, stand er auf um den Imbiss zu verlassen. Einer der beiden Männer zerschlug daraufhin eine Bierflasche auf dem Boden und ging mit dem abgebrochenen Flaschenhals auf ihn los. Dabei erlitt sein Opfer eine tiefe, ca. 5cm lange und stark blutende Schnittverletzung, knapp unterhalb des Kehlkopfbereichs. Auch danach ließen die Angreifer nicht von ihm ab. Mit der abgebrochenen Bierflasche fügten sie ihm weitere Schnittverletzungen zu, versetzen ihm mehrere Schläge und zerrissen seine Kleidung. Anschließend flüchteten beide Angreifer. Der Eritreer musste mit der Notfallambulanz ins Krankenhaus gebracht werden. Nur durch Zufall war die Schnittverletzung am Hals nicht lebensgefährlich. Der Betroffene konnte nach ambulanter Behandlung wieder entlassen werden. Die mutmaßlichen Täter konnten kurz darauf vorübergehend festgenommen werden.

Noch heute leidet der Betroffene an den Folgen des Angriffs. Gravierend sind für ihn insbesondere die psychischen Folgen, da er neben dem erlittenen rassistischen Angriff in der Vergangenheit immer wieder Zeuge ähnlicher Angriffe oder Bedrohungen gegenüber anderen MigrantInnen in Halle wurde.

„Dass der Fußballabend für den Eritreer im Krankenhaus endete, zeigt einmal mehr, dass das Beschwören des Slogans „Die Welt zu Gast bei Freunden“ anlässlich der Fußballweltmeisterschaft rassistische Gewalttaten nicht verhindern konnte“, so ein Sprecher der Mobilen Beratung für Opfer rechter Gewalt in Halle. Hinzu kommt, dass obwohl die mutmaßlichen Täter bereits kurz nach dem Angriff namentlich bekannt waren und vorläufig festgenommen wurden, es über 14 Monate bis zum Prozessbeginn dauerte. „Eine erfolgreiche Verarbeitung des Erlebten ist bei Gewaltopfern aber oftmals erst dann möglich, wenn eine juristische Aufarbeitung der Tat stattfindet“ so die Mobile Opferberatung weiter.

Die Verhandlung wird am 27. September 2007 um 9:00 Uhr fortgesetzt.