Anlaufstelle Süd (Halle), 03.06.2014
Beginn: Donnerstag, 5. Juni 2014, 8:00 Uhr, Amtsgericht Halle (Saale), Thüringer Straße 16, Saal 1.019
Mehr als ein Jahr nach einem rassistischen Angriff auf einen irakischen Imbissbetreiber beginnt am Donnerstag, den 5. Juni 2014, 8:00 Uhr am Amtsgericht Halle der Prozess gegen zwei heute 28- und 37-jährige, einschlägig vorbestrafte Angeklagte vor dem Schöffengericht. Die Staatsanwaltschaft Halle (Saale) wirft den beiden Männern lediglich gefährliche und dem jüngeren zudem einfache Körperverletzung vor, was sowohl Mobile Opferberatung als auch Nebenklägervertretung kritisieren: „Nicht nachvollziehbar ist, dass insbesondere hinsichtlich des Tatbestands der Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen eine Teileinstellung erfolgt ist, da die neonazistische Einstellung prägendes Merkmal der Tathandlungen war“, so Rechtsanwalt Christian Avenarius.
Für den Hauptverhandlungstag sind vier weitere Zeug_innen geladen. Mit dem Urteil wird noch am selben Tag gerechnet. Der jüngere der beiden Angeklagten, der momentan eine Freiheitsstrafe u.a. wegen gefährlicher Körperverletzung absitzt, wird aus der Haft vorgeführt.
Zum Hintergrund
Während laufender Renovierungsarbeiten im Imbiss „Mamaris“ betreten am Sonntagnachmittag des 7. April 2013 zwei augenscheinlich alkoholisierte Männer den Gastraum und verlangen Bier. Als sie keins bekommen, bepöbeln sie die Anwesenden und rufen „Ausländer raus!“. Schließlich verlassen sie das Lokal, kommen jedoch wenig später zurück. Unter rassistischen Beleidigungen bringen sie den Betreiber zu Boden und schlagen und treten auf ihn ein. Auch ein Freund des Betroffenen wird von einem der Angreifer geschlagen. Erst nach Intervention eines weiteren Bekannten lassen die Angreifer von dem 44-Jährigen ab.
Obwohl der Betroffene noch in Anwesenheit der Rechten die Polizei alarmiert, beleidigen sie ihn weiter, zeigen den sog. Hitlergruß und drohen damit, ihn umzubringen. Der 44-Jährige erleidet u.a. zahlreiche Prellungen und eine blutende Verletzung im Mund. An den körperlichen, vor allem aber den psychischen Folgen leidet er bis heute und hat mittlerweile den Imbiss aufgeben müssen.
Bereits vor Anklageerhebung beschränkte die Staatsanwaltschaft die Strafverfolgung auf einfache und gefährliche Körperverletzung. Alle weiteren Vorwürfe diese Tat betreffend – Verwenden verfassungsfeindlicher Kennzeichen, Bedrohung sowie Beleidigung – fielen für die zu erwartende Strafe „nicht beträchtlich ins Gewicht“. Auch dass der heute 27-jährige Angeklagte den Imbissbetreiber am Folgetag vor seinem Geschäft erneut bedroht haben und mit Bierflaschen auf ihn losgegangen sein soll, wurde in der Anklage nicht berücksichtigt.
Diesbezüglich hatte die Polizei gegen den Betroffenen ermittelt, weil der Rechte behauptete, der Imbissbetreiber und andere Männer hätten ihn angegriffen. Demgegenüber schilderte er den Ermittlungsbehörden, dass der Mann bei seiner Attacke stürzte und von den zwei Anwesenden aus den Scherben der zerbrochenen Bierflaschen gezogen wurde.
Achtung Bildberichterstatter_innen:
Wir bitten im Namen des Betroffenen darum, auf Film- bzw. Bildaufnahmen von ihm zu verzichten. Für Interviews stehen Ihnen nach Möglichkeit der Nebenklagevertreter des Betroffenen und ein Vertreter der Mobilen Opferberatung zur Verfügung.