23.09.2011
Rädelsführer der schweren Misshandlung eines 12-Jährigen in Pömmelte im Januar 2006 steht nach rassistischem Angriff auf Imbissbetreiber in Schönebeck erneut vor Gericht – Prozessauftakt: 28.09.2011, Amtsgericht Magdeburg, Breiter Weg 203- 206, 39104 Magdeburg, Saal 3
Am kommenden Mittwoch, den 28. September 2011, beginnt um 9:00 Uhr vor dem Jugendschöffengericht am Amtsgericht Magdeburg der Prozess gegen den heute 25-jährigen Neonazi Francesco L. sowie zwei weitere 19- und 22-jährige Rechte wegen gemeinschaftlicher gefährlicher Körperverletzung. Die Staatsanwaltschaft Magdeburg wirft den drei Angeklagten vor, am 1. Januar 2011 gegen 4:00 Uhr gemeinsam mit mindestens einem weiteren, unbekannt gebliebenen Mann mit einem Schlagstock und Stuhlbeinen bewaffnet zu einem Döner-Imbiss in Schönebeck gegangen zu sein und dort den Inhaber sowie einen Gast angegriffen und verletzt zu haben.
Zum Hintergrund
Während einer Silvesterfeier am frühen Neujahrsmorgen diesen Jahres betritt plötzlich eine etwa siebenköpfige Gruppe Rechter einen Döner-Imbiss in Schönebeck. Nach der Ansage „Du bist kein Deutscher!“ schlagen mehrere Männer auf den Inhaber des Lokals ein. Auch zwei Gäste, die dem Betroffenen helfen wollen, werden angegriffen. Schließlich verlässt die Gruppe der Rechten den Imbiss. Alle drei Betroffenen erleiden Verletzungen und Hämatome an Kopf bzw. im Gesicht – zwei von ihnen ebenfalls am Oberkörper. Sie müssen ärztlich behandelt werden.
Die Polizei ermittelte in der Folge drei Tatverdächtige. Während die Angriffe auf den Imbiss-Besitzer und einen der Helfer im nun anstehenden Prozess verhandelt werden, wurde die Körperverletzung an dem zweiten Gast im Vorfeld des Prozesses eingestellt, weil der Täter nicht zweifelsfrei ermittelt werden konnte.
Rechter Wiederholungstäter Francesco L.
Der damals 24-jährige Francesco L. stand zur Tatzeit noch unter Bewährung. Der Schönebecker Neonazi war im Mai 2006 vom Amtsgericht Schönebeck wegen versuchter schwerer Körperverletzung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung, Nötigung und Freiheitsberaubung zu einer Jugendstrafe von 3 Jahren und 6 Monaten verurteilt worden. Francesco L. hatte am 9. Januar 2006 gemeinsam mit drei weiteren Rechten einen 12-jährigen Schwarzen Deutschen in Pömmelte unter fortdauernden rassistischen Beleidigungen über eine Stunde hinweg gedemütigt und körperlich misshandelt. Der zur Tatzeit 19-jährige L., der damals von der Richterin als Haupttäter identifiziert worden war, hatte den Jungen mehrfach mit einer Gasdruckpistole bedroht, ihn massiv getreten und geschlagen und ihm eine Zigarette auf dem Augenlid ausgedrückt. Außerdem war der 12-Jährige von der Gruppe gezwungen worden, auf Fragen mit „Jawohl, mein Führer“ zu antworten. Nach seiner Haftentlassung ist Francesco L. weiter in der Schönebecker Neonaziszene aktiv. So nahm er beispielsweise gemeinsam mit Kameraden am 15. Januar 2011 an einem Neonaziaufmarsch in Magdeburg teil und an einem Rudolf-Heß-Gedenkmarsch am 19.08. diesen Jahres in Schönebeck. Zum Zeitpunkt des Angriffs auf den Imbissbetreiber stand er noch unter Bewährung.
Rassistisches Tatmotiv
Vom Gericht erwartet der Betroffene auch eine deutliche Verurteilung des rassistischen Tathintergrunds: „Sie greifen mich an, weil ich Ausländer bin. Das verstehe ich nicht! Bei mir ist jeder willkommen – ob er nun aus Nigeria, Pakistan oder Deutschland ist. Wir sind alle Menschen!“.
Zum Prozessauftakt sind der Hauptbetroffene, der bei dem Prozess als Nebenkläger auftritt, sowie vier weitere Zeug_innen geladen. Ein weiterer Verhandlungstag ist für den 5. Oktober, ebenfalls um 9 Uhr anberaumt