Verband der Beratungsstellen für Betroffene rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt (VBRG e.V.), 26.09.2018
Rechte, rassistische und antisemitische Gewalt ist in einem unerträglichen Ausmaß alltäglich geworden, seitdem der gewaltsame Tod von Daniel H. (35) in Chemnitz am 25. August 2018 von Neonazis und organisierten Rassist*innen instrumentalisiert wird.
Unabhängige Opferberatungsstellen registrieren schon jetzt 93 Vorfälle rassistischer, rechter und antisemitischer Gewalt und Bedrohungen und veröffentlichen eine Dokumentation ausgewählter Vorfälle
Unabhängige Opferberatungsstellen registrieren schon jetzt 93 Vorfälle rassistischer, rechter und antisemitisch motivierter Gewalt und Bedrohungen, seitdem die extreme Rechte und organisierte Rassist*innen bundesweit den gewaltsamen Tod von Daniel H. (35) in Chemnitz in der Nacht vom 24./25. August 2018 instrumentalisieren.
In der im Anhang befindlichen Auswahl sind lediglich diejenigen Angriffe und Bedrohungen aufgeführt, die entweder durch die Betroffenen, Polizei- oder Medien- und Blogger*innenberichte öffentlich gemacht wurden. Nicht im Einzelnen aufgeführt sind mindestens 34 Vorfälle von Körperverletzungen, Nötigungen und Bedrohungen, die die Opferberatung der RAA Sachsen alleine in Chemnitz seit dem 26. August 2018 registriert hat.
„Das ohnehin schon viel zu hohe Niveau rassistischer und rechter Gewalt der vergangenen zwei Jahre steigt in einem besorgniserregenden Maß weiter“, sagt Judith Porath, Mitglied im Vorstand der Verbands der Beratungsstellen für Opfer rechter, rassistischer und antisemitischer Gewalt und Geschäftsführerin des Vereins Opferperspektive. „Die Allgegenwart rassistischer Hetze führt dazu, dass es keine sicheren Orte mehr gibt: Ob in der Eisdiele beim Eisessen in Wiesloch, beim Zeitungsaustragen in Freiburg, beim S-Bahnfahren in Berlin und München, beim Bierfest im ländlichen Bayern oder in der eigenen Wohnung in Demmin – Geflüchtete, Familien mit Migrationshintergrund und Schwarze Deutsche müssen derzeit tatsächlich überall damit rechnen, von organisierten Neonazis und Rassisten oder von rassistischen Gelegenheitstäter*innen angegriffen zu werden.“
Aus Sicht der im VBRG zusammengeschlossenen dreizehn unabhängigen Beratungsstellen sei es jetzt wichtiger denn je, „bei rassistischen Bedrohungen und Gewalttaten einzugreifen statt wegzuschauen“, betont Judith Porath. Es gelte jetzt deutlich zu machen, dass „die Solidarität mit den Betroffenen sich nicht auf Sonntagsreden reduziert.“ Das könne der Anruf beim polizeilichen Notruf sein, die Bereitschaft sich als Zeug*in zur Verfügung zu stellen oder sich unmittelbar an die Seite von Angegriffen den Täter*innen entgegenzutreten.
Darüber hinaus fordern die Opferberatungsstellen eine konsequentere Strafverfolgung rechter, rassistischer und antisemitisch motivierter Gewalt und Bedrohungen: „Wir brauchen endlich in allen Bundesländern Schwerpunktstaatsanwaltschaften sowie eine Bereitschaft bei den Strafverfolgungsbehörden, rassistische, antisemitische und politisch rechte Tatmotive adäquat zu erkennen, zu benennen und unter Anwendung von §46 Abs. 2 Satz 2 StGB auch strafschärfend zu bewerten“, so Porath. „Im Übrigen werden wir es nicht zulassen, dass die extreme Rechte mit Daniel H. und auch Sophia L. aus Leipzig den gewaltsamen Tod von Menschen für rassistische Hetzjagden instrumentalisiert, die unter anderen Umständen Zielscheibe für Rassismus und rechten Bedrohungen waren.“