Anlaufstelle Süd (Halle),03.11.2014

Donnerstag, den 06. November 2014, 09:00 Uhr am Amtsgericht Merseburg, Geusaer Straße 88, Saal 5

Nach einem rassistischen Angriff auf einen 23-jährigen Somalier am Merseburger Bahnhof im Februar diesen Jahres hatte das Amtsgericht Merseburg am 22. September 2014 den Prozess gegen zwei Brüder im Alter von 19 und 23 Jahren eröffnet. Ihnen wird gefährliche Körperverletzung und Beleidigung vorgeworfen. Der Betroffene und seine Nebenklagevertretung erwarten vom Gericht auch, dass das rassistische Motiv im Urteil strafschärfend berücksichtigt wird.

Zum Hintergrund
Die mit Prozessbeginn verlesene Anklage geht davon aus, dass am Abend des 20. Februar 2014 die beiden Angeklagten in der Unterführung des Bahnhofes in Merseburg, den jungen Somalier zunächst rassistisch bedroht und ihn dann mehrfach geschlagen und getreten haben. Erst als ein Zugführer dem Betroffenen zu Hilfe eilt, lassen die beiden Angreifer von ihm ab. Dazu sagt der 23jährige mit stockender Stimme im Zeugenstand: „Wenn er nicht gekommen wäre, vielleicht hätten sie mich umgebracht“. Der Somalier erlitt Verletzungen an Kopf und Körper.

Bisheriger Prozessverlauf
In seiner Einlassung zu Prozessbeginn gab der jüngere der beiden Brüder zu, bei der Polizei eine Falschaussage gemacht zu haben und am Tattag den Betroffenen geschlagen zu haben, allerdings aus Notwehr. Ein rassistisches Motiv bestreitet der Angeklagte. Gleichzeitig entlastete er seinen mitangeklagten Bruder, indem er zugab, am Bahnhof mit einem Freund gewesen zu sein. Dieser Zeuge erschien am zweiten Verhandlungstag und verweigerte die Aussage, um sich nicht selbst zu belasten. Die Opferberatung geht davon aus, dass nach dem Urteilsspruch auch Anklage gegen den Mittäter erhoben wird.

Hoffnung auf Anerkennung des Tatmotives
Bei dem Prozess tritt der Betroffene als Nebenkläger auf. In den bisherigen drei Verhandlungstagen waren er und fünf weitere Zeugen gehört worden. Der Geschädigte, der noch immer unter den physischen und psychischen Folgen des Angriffes leidet, antwortete auf die Frage der Staatsanwältin zu seinem Gefühl während der rassistischen Beschimpfungen: „Ich fühlte mich, als ob ich keine Rechte habe, als ob ich ein Tier bin“. Aus Sicht der Nebenklage sollte im Falle einer Verurteilung auch das Tatmotiv berücksichtigt werden: „Mir erschließt sich nicht, warum sich dies nicht bereits in der Anklageschrift findet. Wir erwarten eine strafschärfende Berücksichtigung im Urteil“, so die Anwältin.