Anlaufstelle Süd (Halle), 25.06.2008
Am Montag, den 30. Juni 2008, wird beim Landgericht Halle vor dem Jugendschwurgericht im Saal 78, das Urteil gegen drei Männer und eine 20-jährige Frau erwartet, denen die Staatsanwaltschaft u.a. versuchten Mord vorwirft. Die vier sollen nach Ansicht der Staatsanwaltschaft für einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Sangerhausen am 6. Januar 2007 verantwortlich sein.
Vor einem Jahr – am 26. Juni 2007 – wurde der Prozess gegen drei Männer und eine zur Tatzeit noch 20-jährige Frau wegen versuchten Mordes sowie besonders schwerer Brandstiftung vor der Jugendkammer des Landgerichts Halle eröffnet. Die vier Rechten wurden angeklagt, am frühen Morgen des 6. Januar 2007 aus drei Flaschen sogenannte Molotow-Cocktails hergestellt, in die Flüchtlingsunterkunft in Sangerhausen geworfen und dadurch das Gebäude in Brand gesetzt zu haben. Die drei Bewohner, die zur Tatzeit in dem Haus schliefen, konnten sich gerade noch rechtzeitig in Sicherheit bringen. Sie leiden aber bis heute zum Teil erheblich unter den Nachwirkungen des Brandanschlags.
Am 30. Juni 2008, ab 9:00 Uhr, wird das Urteil vor dem Landgericht Halle erwartet. Bevor sich das Gericht zur Beratung zurückzieht und das Urteil verkündet wird, sollen noch die letzten Worte der Angeklagten gehört werden.
Die Staatsanwaltschaft Halle hatte in ihrem Plädoyer die Vorwürfe gemäß der Anklage als erwiesen angesehen und hatte eine Verurteilung zu Freiheitsstrafen von acht Jahren für den mutmaßlichen Initiator der Tat Danny R. (27) beantragt, sowie je sieben Jahre für die Mitangeklagten Glenn K. (27) und Christian K. (25) und fünf Jahre wegen Beihilfe für
Franziska Z. (22). Sowohl Staatsanwaltschaft als auch die Nebenklage haben Rassismus als eindeutiges Motiv für den Anschlag benannt.
In den Plädoyers der drei NebenklagevertreterInnen wurde überdies auf den Zusammenhang zwischen den vier Angeklagten und der organisierten Neonaziszene hingewiesen. Sie gehörten zum Tatzeitpunkt alle der rechten Szene an, waren regelmäßig bei Kameradschaftstreffen in Sotterhausen, bei NeonaziKonzerten und anderen Szene-Veranstaltungen. Christian K. spielte als Schlagzeuger in der rechtsextremen Band „Hate Soldiers“. Mehrere Lieder der Band sind u.a. wegen Verherrlichung des Nationalsozialismus indiziert. Dem rechten Szenetreffpunkt „Zum Thingplatz“ in Sotterhausen, Wohnprojekt des Rechtsextremisten Enrico Marx und der
NPD-Funktionärin Judith Rothe, wird auch im aktuellen Verfassungsschutzbericht des Landes Sachsen-Anhalt eine „herausragende Bedeutung“ nachgewiesen.
Während des Verfahrens wurden eine Vielzahl von Zeugen aus der rechten Szene gehört, u. a. die Geschäftsführerin der NPD-Kreistagsfraktion für den Landkreis Mansfeld-Südharz und zugleich Verlobte des Angeklagten Glenn K., die zum Tatvorwurf im Zeugenstand sagte : „Ich
denke genauso, renne aber nicht rum und mache es.“ Von den Angeklagten hat sich im Prozess bisher nur Christian K. von der Tat distanziert, wobei er allerdings eine eigene Tatbeteiligung abstritt.