Anlaufstelle Mitte (Magdeburg), 12.04.2011

14. April 2011, 9 Uhr, Amtsgericht Magdeburg, Breiter Weg 203 – 206, 39104 Magdeburg, Saal 2 

Am Donnerstag, den 14. April wird nach bisher 4 Verhandlungstagen der Prozess gegen zwei Angeklagte wegen eines rassistischen Angriffs auf drei Studenten im Dezember 2010 in Magdeburg vermutlich beendet werden. Einem bereits einschlägig wegen Körperverletzungen vorbestraften 23-jährigen Rechten und einem 28-jährigen Mann wird vorgeworfen im Dezember vergangenen Jahres einen ecuadorianischen Studenten gemeinschaftlich verletzt zu haben. Auch zwei Begleiterinnen waren verletzt und die Handtasche einer der Betroffenen entwendet worden. Die Anklage dieser Straftatbestände war jedoch im Vorfeld des Prozesses wegen Geringfügigkeit eingestellt worden. Die Mobile Beratung für Opfer rechter Gewalt hatte dies ebenso kritisiert, wie die Ausblendung der rassistischen Tatmotivation in der Anklageschrift.

Bei dem Angriff an der Haltestelle Kastanienallee in Magdeburg am frühen Morgen des 18. Dezember 2010 wurde laut Aussagen der betroffenen Zeugen der 25-jährige Ecuadorianer zu Boden geschlagen. Dann traten ihm drei Angreifer mehrfach gegen seinen Kopf und beschimpften ihn rassistisch. Die 25- und 29-jährigen Studentinnen, die den Studenten begleiteten, flehten die Männer vergeblich an, aufzuhören. Bei dem Versuch, ihrem Freund zu helfen wurden auch die beiden Frauen, eine Deutsch-Ecuadorianerin und eine Mexikanerin, zu Boden gestoßen, getreten und beleidigt. Erst als der niedergeschlagene 25-Jährige sich nicht mehr bewegte, ließen die Angreifer von dem Studenten ab und entrissen der Deutsch-Ecuadorianerin im Weggehen ihre Handtasche. Der Ecuadorianer musste u.a. mit Schädel-Hirn-Trauma und Nasenbeinbruch stationär im Krankenhaus behandelt werden. Beide Frauen erlitten Schürfwunden und Prellungen.

„Jemand, der so etwas tut, kann nicht aus einem entwickelten Land kommen.“ äußerte der Hauptbetroffene sein Unverständnis für die Tat vor Gericht. Er fürchtete bei dem Angriff um sein Leben. Auch die beiden Frauen gaben an, dass sie traurig seien, dass so ein Angriff in Deutschland möglich sei. Für die Deutsch-Ecuadorianerin hat sich seit dem Angriff viel verändert. „Es ist nicht mehr das selbe in Magdeburg zu wohnen“, so die 25-Jährige, die bis heute unter den Folgen des Erlebten leidet. Sie fürchtet erneut rassistisch angriffen oder beleidigt zu werden. „In der Bahn reden wir daher nicht mehr auf Spanisch“ so die Deutsch-Ecuadorianerin vor Gericht. „Den Betroffenen ist es wichtig, dass Rassismus als gesamtgesellschaftliches Problem erstgenommen und bekämpft wird“, erklärt eine Sprecherin der Mobilen Opferberatung.

Im Prozess war die rassistische Tatmotivation auch durch die Aussagen eines Zeugen und des 28-jährigen Angeklagten deutlich geworden. Im Verlaufe des Tatabends hatten sich die zwei Angeklagten und zwei in dieser Sache beschuldigte Rechte in der Wohnung des älteren Beschuldigten getroffen. Bei rechter Musik brüsteten sie sich mit vergangenen Angriffen. U.a. erzählte der 18-Jährige Beschuldigte davon, einen Punk in die Wohnung gelockt, geschlagen und gedemütigt zu haben. Dann seien die vier Männer in dem gemeinsamen Entschluss, „jemanden abzuziehen“  auf die Straße gegangen. Dazu hatte der jetzt angeklagte 28-Jährige extra seine Motorradjacke und seine Bundeswehrstiefel aus der benachbarten Wohnung geholt und angezogen.

„Die Betroffenen erwarten vom Gericht nun eine deutliche Verurteilung des rassistischen Tathintergrunds“, so die Sprecherin der Mobilen Opferberatung weiter.

Neben den zwei jetzt vor Gericht Stehenden waren in dieser Sache ursprünglich noch zwei weitere Männer im Alter von 18 und 47 Jahren angeklagt. Nachdem diese kurz vor Verhandlungsbeginn geflüchtet waren, wurde der Prozess gegen sie vom jetzigen Verfahren abgetrennt. Die einschlägig wegen gefährlicher Körperverletzung und zum Teil wegen Verwendung verfassungsfeindlicher Kennzeichen vorbestraften Rechten wurden inzwischen von der Polizei gefasst und sitzen in Untersuchungshaft.